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Ein Auftakt, der Lust auf mehr macht
- Bewertet: Einband: Taschenbuch
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Schon als Angestellter in der Apotheke ihres Vaters hat ihr Oscar gut gefallen und als der nach seinem Studium zurück nach Posten kehrt und ihr den Hof macht, ist sie überglücklich. Ganz klar, dass sie als er bei folgendem Angebot, »Diese Anzeige ist interessant«, sagte er ein wenig atemlos. »Hier in der Pharmazeutischen Zeitun... Schon als Angestellter in der Apotheke ihres Vaters hat ihr Oscar gut gefallen und als der nach seinem Studium zurück nach Posten kehrt und ihr den Hof macht, ist sie überglücklich. Ganz klar, dass sie als er bei folgendem Angebot, »Diese Anzeige ist interessant«, sagte er ein wenig atemlos. »Hier in der Pharmazeutischen Zeitung.« Jetzt sah auch ihr Vater von seiner Lektüre auf. »Paul Carl Beiersdorf will sein vor acht Jahren in Altona gegründetes Labor sowie sein chemisch-pharmazeutisches Lager verkaufen. Das wäre es.«, zuschlägt, schnell ja sagt, als er um ihre Hand anhält und sie mit nach Altona nimmt. Als Leser darf man mit Gerda und Oscar in Hamburg ankommen, erleben wie schwer einem Zugezogenen, obendrein noch Jude, der einheimischen Bewerbern das Labor vor der Nase weggeschnappt hat, das Leben gemacht wird, wie die beiden aber auch Erfolge feiern können. So darf man z.B. mit Gerda Kunstsalons veranstalten, um in der Bevölkerung Anerkennung zu bekommen und bei „... aus den Mienen des Publikums ließ sich einiges ablesen. Sehr durchschaubar, wie die Hanseaten versuchten, sich schockiert zu zeigen, wo ihnen doch die Faszination aus den Augen sprang. Es war genau der Knalleffekt, den Gerda sich gewünscht hatte, um den Namen Troplowitz zu schmücken.“ die ganz besondere Künstlerin Irma kennenlernen. Und auch Toni, die junge tatkräftige Witwe, die sich dank ihrem verstorbenen Ehemann auch ganz ohne Studium recht gut in der Pflasterherstellung auskennt, erkämpft sich zunehmend ihren Platz in diesem Roman. Man erfährt nicht nur so einiges über das Unternehmen Beiersdorf und die Entwicklung von Pflaster, Leukoplast und sonstigem, man bekommt auch eine ganze Menge vom historischen Hintergrund geboten. »Die wenigsten können sich das Bürgerrecht leisten, für den Großteil der Hamburger ist es unerschwinglich. Besitzt man es aber nicht, darf man auch nicht an der Wahl der Bürgerschaft teilnehmen.«, der Kampf ums Wahlrecht, die Anfänge der Arbeiterbewegung in Deutschland, »Nicht jeder schätzt es, wenn Arbeiter die gleichen Rechte bekommen und uns auf der Nase herumtanzen, Frau Troplowitz. Würden Sie es etwa gern sehen, wenn neben Ihrem hübschen neuen Wohnhaus irgendwann ein einfacher Arbeiter einziehen würde? Sie wollen die doch auch nicht in der Nachbarschaft haben und so viel von dem Gewinn Ihres Mannes an die Belegschaft abgeben, dass alle gleich viel besitzen.« oder die schreckliche Cholera Epidemie, die Hamburg 1892 heimgesucht hat und so an die heutige Lage mit Corona erinnert, werden zu Themen. Auch die Rolle der Frau in der Zeit wird aus verschiedenen Perspektiven gelungen beleuchtet. »Ich weiß, es sprießen jetzt überall Vereine aus dem Boden, in denen es um die Rechte der Frauen geht«, sprach Gerda weiter. »Sie fordern beispielsweise das Wahlrecht.« Sie strich sich eine Locke aus dem Gesicht, die der Wind ihr über die Nase geschoben hatte. »Um ehrlich zu sein, finde ich diese Damen wenig weiblich. Und ich begreife auch nicht recht, welchen Vorteil ich hätte. Müsste ich mich nicht mit schrecklich vielen sehr langweiligen Dingen beschäftigen, um eine gute Wahl treffen zu können? Mir ist es lieber, ich setze meine Macht der Weiblichkeit ein, um das zu erreichen, was mir lieb und teuer ist.« oder auch »Sie sind eine Frau und haben keine Ahnung von Chemie und Pharmazie.« sind nur zwei davon. Die Autorin nimmt einen nicht nur mit auf eine gelungene Zeitreise, sondern versetzt einen auch mitten vor Ort. Hier passt die Atmosphäre und auch anschauliche Beschreibungen sorgen dafür, dass man z.B. die engen, dunklen Behausungen im Gängeviertel direkt vor Augen hat. Ab und an ein Hamburger Spruch, »Wie würden die Hamburger sagen? Der dich mit dem Mors nicht angeguckt hat …«, das hat mir gut gefallen und dank Glossar am Ende weiß ich nun auch die Bedeutung von regionalen Begriffen, wie „Bangbüx“, „bannig“ oder „plietsch“. Der einnehmende, warmherzige und gefühlvolle Sprachstil der Autorin hatte mich sofort in seinen Fängen und die Seiten sind nur so dahin geflogen. Lena Johannsen beschreibt locker, leicht und äußerst anschaulich. Ein Großteil der Geschichte wird aus Gerdas Perspektive erzählt, einiges aber auch aus der der anderen beiden Frauen, was mir gut gefallen hat. Ich konnte mich so sehr gut in sie hineinversetzen. , wodurch ich auch richtig mitgefiebert und z.B. Hass empfunden habe, wenn Toni Unrecht geschieht oder Angst um Irma hatte, als sie dem Wasser zu nahe kommt. Gut hat mir auch gefallen, dass ich ab und an schmunzeln konnte, wofür vor allem Toni gesorgt hat. Die Frauen vom Jungfernstieg, damit sind sicher Irma, Gerda und auch Toni gemeint sein, die drei Damen, die man in diesem Auftaktband kennenlernen darf. Gerda mit ihrer zuversichtlichen, genügsamen und hilfsbereiten Art war mir von Anfang an super sympathisch und ich habe mit ihr gerne die Zeit verbracht. Irma macht es einem nicht ganz so leicht, sie zu mögen, aber je mehr man über sie erfährt, desto mehr muss sie einem im Grunde genommen leidtun. Sie ist mit ihrer inneren Zerrissenheit besonders grandios gezeichnet. Gut ergänzt auch Toni, die sich mit Tatkraft hochkämpfen will und sich die Butter nicht so leicht vom Brot nehmen lässt, das Trio, der Frauen, die ihrer Zeit voraus sind. Vor ihr habe ich eigentlich am meisten Respekt. Ebenfalls wie Gerda ist auch ihr Mann Oscar mit seiner warmherzigen Art und dadurch dass er vor Begeisterung so sehr sprudeln kann, ein richtiger Sympathieträger. Richtig leid getan hat mir Eckart, der Ehemann von Irma, gibt sich der einfühlsame Mann doch so viel Mühe. Auch alle anderen Mitspieler sind individuell, liebevoll und authentisch dargestellt. Alles in allem eine gelungen Zeitreise und ein bewegender, unterhaltsamer Auftakt für eine neue Reihe, die ich sicher weiterverfolgen werde. Ich freue mich jetzt schon auf den nächsten Teil.
Die Frauen vom Jungfernstieg. Gerdas Entscheidung
Roman
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eBook
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Beschreibung
Das Schicksal eines Hamburger Unternehmens.
Hamburg, 1889: Gerda ist fasziniert von Oscar, einem erfolgreichen Apotheker voller Tatendrang. Die beiden wollen sich etwas aufbauen. Oscar kauft das Labor eines gewissen Paul Carl Beiersdorf in Altona und beginnt mit der Entwicklung neuartiger Produkte. Doch so erfolgreich er auch ist, die Hanseaten meiden ihn wegen seiner modernen Ansichten - und weil er Jude ist. Um sein Ansehen zu retten, beginnt die kunstinteressierte Gerda in ihrer Villa Salonabende zu veranstalten und einflussreiche Gäste einzuladen. Wird es ihr gelingen, sich gegen ihre Widersacher zu behaupten und Oscars neueste Kreation zu retten?
Authentisch und berührend: die neue große Saga von Lena Johannson - beruht auf wahren Begebenheiten
Produktdetails
Format | ePUB i |
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Kopierschutz | Ja i |
Family Sharing | Ja i |
Text-to-Speech | Nein i |
Seitenzahl | 320 (Printausgabe) |
Erscheinungsdatum | 18.01.2021 |
Sprache | Deutsch |
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EAN | 9783841225566 |
Verlag | Aufbau |
Dateigröße | 2180 KB |
Verkaufsrang | 162 |