Eine Frau will ihren Mann verlassen. Nach vielen Jahren Zusammenleben und Ehe ist sie entschlossen und bestürzt zugleich: Wie konnte es nur dazu kommen? Während sie ihr Fortgehen plant, begibt sie sich in ihren Gedanken weit zurück. Da waren die rauschhaften Jahre der Verliebtheit, an der Universität, zu zweit im Ausland und später mit den kleinen Kindern, aber da gab es auch die Kehrseite - Momente, die zu Wendepunkten wurden und das Scheitern schon vorausahnen ließen. Doch ist etwas überhaupt gescheitert, wenn es so lange dauert? Julia Schoch, literarische Archäologin ihres Lebens, legt frei, was im Alltag eines Paares oft verborgen ist: die Liebesmuster, die Schönheit auch in der Ernüchterung. Ein Loblied auf die Liebe.
hamburg.lesequeen aus Bargfeld-Stegen am 10.03.2023
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
DAS LIEBESPAAR DES JAHRHUNDERTS
Julia Schoch
"Im Grunde ist es ganz einfach: Ich verlasse dich.
Drei Wörter, die jeder Mensch begreift. Es genügen drei Wörter und alles ist getan. [ ... ]
Am Anfang habe ich zu dir gesagt: Ich liebe Dich.
Drei Wörter am Anfang, drei Wörter am Ende.“ (S.7)
Julia Schoch lässt ihre 30-jährige Beziehung Revue passieren:
Das Kennenlernen, der erste Kuss, durchgefeierte Nächte und Reisen, doch irgendwann schleicht sich der Alltag ein und es gibt mehr Tiefen als Höhen.
Das Liebespaar des Jahrhunderts? Dem kann ich irgendwie nicht zustimmen. Die Ich-Erzählerin war zu Beginn mit viel Energie dabei, bei ihm konnte ich diese nicht spüren.
Später war sie die Unzufriedene, wollte ihn stets verlassen, und er tat mir leid. So richtig sympathisch waren mir beide nicht, und das änderte sich auch bis zum Schluss nicht.
„Unsere Absichten und Pläne deckten sich nicht mehr. Sie durchkreuzten sich nur noch: Wenn ich abends mit Sekt auf dich wartete, brauchtest du dringend einen Kamillentee; wolltest du morgens, wenn die Kinder aus dem Haus waren, noch ein wenig plaudern, war ich in Gedanken schon im Büro; legte ich abgeschlagen die Füße hoch, hattest du Kinokarten für den Abend. Dann kamst du früher von der Arbeit, um irgendwas zu kochen, aber ich war unterwegs, in der Annahme, du kämst später.“ (S.156)
Für mich war es eine Aneinanderreihung von Erlebnissen: Kino, Halma und Karten spielen, ungerne zur Arbeit gehen und reisen - alles, in einer wunderbaren Sprache erzählt.
Warum haben die Kritiker dieses Buch in den höchsten Tönen gelobt? Ich habe mich gelangweilt und über diese ewig nörgelnde Protagonisten geärgert.
Auf Seite 70 wollte ich abbrechen. Die wunderbare Rezension von @k.rauchfuss hat mich zum Weiterlesen animiert.
Zugegeben, die zweite Hälfte wird besser und auf den letzten Seiten konnte ich sogar kleinere Parallelen zu meiner eigenen Ehe sehen, aber so richtig gut (bis auf die Sprache und den Schreibstil ) fand ich es nicht.
2½/ 5
Liebe - wie sie ist
Sandra von Siebenthal aus Romanshorn am 08.03.2023
Bewertet: Buch (Gebundene Ausgabe)
Die Geschichte einer Liebe, von den Anfängen bis zum Ende. Die Höhen und Tiefen eines Paares mit all seinen Lebens-Alltäglichkeiten, Zweifeln, Abgründen und Höhen. Die Geschichte über den Wert zu bleiben und den Wunsch zu gehen. All das aus der Sicht einer Frau, die gehen will und sich fragt, wie sie überhaupt an diesen Punkt kam – und wie sie mit diesem umgehen kann, soll und will.
Gedanken zum Buch
Julia Schoch ist es gelungen, den Leser mit dem Innersten der Protagonistin vertraut zu machen, ihn tief in die gefühlte Beziehung aus ihrer Sicht hineinzuziehen. Wir kennen die Eigenheiten, Gedankengänge, Lebenshaltungen, aber: Wir würden sie beide nie auf der Strasse erkennen. Wir haben kein Bild, nur ein Gefühl, ein gefühltes Sein, ein gedachtes, durchdachtes und vor allem hinterfragtes Sein.
«Von hier ab könnte ich genauso gut schreiben, der Mann tat dies, die Frau tat jenes. Unsere Konturen verwischten, wir wurden allgemeiner… Unsere Geschichte hatte eine Richtung eingeschlagen, in der wir zu einem Paar wurden, in dem sämtliche Paare dieser Welt enthalten waren… Nur im Anfang schien unsere Einzigartigkeit zu liegen.»
Was ist wichtig in einer Beziehung? Wo fängt sie an, wo hört sie auf? Wann müsste sie aufhören?
«Jemanden zu verlassen heisst: Ich verlasse meine Vergangenheit. Zögert man deshalb? Wer will schon gern ohne Geschichte leben?»
Wieso tut sie es oft dann doch nicht? Und wieso war das vielleicht nicht mal das schlechteste? Sartre schrieb, die Hölle seien immer die anderen. Das trifft wohl nirgends so gut wie in Beziehungen. Dies weniger, weil sie so grausam wären, das sind sie meist nicht, aber sie werfen einen auf das eigene Ich zurück, weil man es im Umgang mit dem anderen deutlich erkennt – und nicht immer toll findet.
«Ich frage mich, was mit unserer Geschichte passiert, wenn ich gehe. Wer wird sich darum kümmern, wenn es uns als Paar nicht mehr gibt? In meiner Vorstellung ist unsere Geschichte wie ein Kind. Wir tragen die Verantwortung für sie.»
«Das Liebespaar des Jahrhunderts» ist keine Liebesgeschichte und doch vielleicht eine der schönst-möglichen. Es ist die Geschichte einer Beziehung, wie sie entsteht, hält, sich entwickelt, sich zerstört, weiter besteht, lebt. Es ist eine Geschichte, die jedem von uns passieren könnte – und vielleicht genauso passiert. Oder anders. Sie ist nicht exemplarisch und doch tief fühlbar als etwas Bekanntes.
«Womöglich war ja auch alles viel einfacher und wir waren nur deshalb noch immer zusammen, weil wir uns noch immer liebten. Was weiss man schon, über sich, die eigenen Absichten, den anderen.»
Fazit
Ein grossartiges, tiefgründiges, zum Nachdenken, Mitfühlen, Selbst-Erinnern animierendes Buch. Eine grossartige Geschichte, die von der ersten bis zur letzten Seite ergreift und berührt.
Kurze Frage zu unserer Seite
Vielen Dank für Ihr Feedback
Wir nutzen Ihr Feedback, um unsere Produktseiten zu
verbessern. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir Ihnen keine Rückmeldung geben können. Falls Sie
Kontakt mit uns aufnehmen möchten, können Sie sich aber gerne an unseren Kundenservice wenden.