Verzweifelte Briefe beunruhigter Mütter, Protest und Kritik von Kinderärzten und erschreckende Studienergebnisse von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern - bislang unaufgearbeitete Quellen zeigen den bis heute als familienfreundlich wahrgenommenen Krippenalltag der DDR in einem düsteren Licht. Der Erziehungswissenschaftler Florian von Rosenberg berichtet wissenschaftlich fundiert und zugleich berührend, wie die Kleinsten der Republik einen hohen Preis für das sozialistische Prestigeprojekt zu zahlen hatten.
Glückliche Säuglinge und Kleinkinder prägten die DDR-Berichterstattung über die Krippen: gemeinsam spielen, singen und fröhlich sein. Diese schönen Bilder der Kindheit verblassen, sobald man einen Blick hinter die staatliche Propaganda wirft und die Akten des zuständigen Ministeriums für Gesundheitswesen in die Hand nimmt. Diese offenbaren, unter welchen Bedingungen die Kinder zwischen 1949 und 1989 tatsächlich lebten. Warum starben Säuglinge so häufig nach dem Wiedereinstieg der Mütter in den Arbeitsprozess? Wieso waren die staatlich betreuten Kinder oftmals untergewichtig, klein und krank? Warum war die emotionale, sprachliche und geistige Entwicklung der Kinder in der Krippe schlechter als in der Familie? Im Ministerium kannte man die Antworten auf diese Fragen, die öffentlich nicht gestellt werden durften. Wer wissen möchte, wie die öffentliche Kleinkindbetreuung in Deutschland erstmals flächendeckend durchgesetzt wurde, kommt um dieses Buch nicht herum.
Ich habe das Buch, die Fakten und Zahlen mit großem Interesse gelesen.
Ich selbst vegetierte, wartete, fürchtete, hoffte und bangte sowohl in einer Wochenkinderkrippe als auch in einem Wochenheim.
Lange genug (knapp 50 Jahre) dachte ich, dass diese Jahre keine gravierende Auswirkung auf mein Leben hatten. Und wenn, dann wird’s einfach überwunden. Wozu also die Wundchen, die evtl. entstanden, großartig betrachten! Alles nur Rumgeheule, alles nur Schwäche!
So dachte ich.
Heute muss ich anders denken.
Heute sehe ich, wie diese Jahre fortlaufend in mein Leben reinreden, bestimmen und oft genug (eigentlich immer) die Führung übernehmen. Heute bin ich „alt“ genug, um eine Geschichte zu haben, um zurück zu schauen und zu sehen: ich drehe mich im Kreis, komme nicht voran, meide gewisse Situationen, falle regelmäßig in ein Loch, verstehe mich und meine Reaktionen nicht, werde krank sobald ich Kinder in meiner Nähe habe, misstraue allen und allem, glaube immer alles allein machen zu müssen...
Die Jahre in den Anstalten, getrennt von meinen Eltern haben nicht nur Spuren hinterlassen, sondern mich zur Spur werden lassen.
Das Buch hat mir einen Einblick nicht nur in das Denken und Handeln der DDR gegeben, sondern auch einen in die ersten 5 Jahre meines Lebens. Das Buch hat mir zwar keine Erinnerung geschenkt, aber sehr wohl einige „jetzt verstehe ich“-Momente und diese Puzzleteile sind für uns, die wir in diesen Einrichtungen trauerten, enorm wichtig.
Ich hoffe für dieses Buch, dass es a.) erst gelesen wird, bevor es be-oder gar verurteilt wird, b.) dass es auch anderen einen kleinen Einblick in sein Wirken somit Leben gibt und dass es c.) so verstanden wird, wie es gemeint war: als eine objektive Darstellung einer Tatsache. Diese Einrichtungen haben in unser aller Leben tiefe und entsetzliche Wunden hinterlassen. Das ist Fakt. Wer das leugnet, verleugnet sich.
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