ER wurde gezeichnet. ER tötet. ER ist neun Jahre alt.
Die Staatsanwältin Jana Berzelius wird bei einem spektakulären Fall hinzugezogen: Ein Mann wurde erschossen – die Hinweise verdichten sich, dass die Tat von einem Kind begangen wurde. Dann taucht die Leiche eines Jungen an der schwedischen Küste auf. Seine Fingerabdrücke passen zu jenen des Tatorts, doch warum sollte ein Kind einen Mord begehen? Während die Ermittler im Dunkeln tappen, ermittelt Jana auf eigene Faust. Denn der Junge, der das Wort »Thanatos« als Narbe im Genick trägt, hat ein Geheimnis, das nur Jana kennt: Auch ihr Genick ziert der Name einer Todesgottheit, und nun setzt sie alles daran, herauszufinden, warum.
Mikka Liest aus Hilter am Teutoburger Wald am 05.09.2015
Bewertungsnummer: 889639
Bewertet: Buch (Taschenbuch)
Dieser Thriller wurde ursprünglich in Schweden veröffentlicht, und zwar als von der Autorin in Eigenregie publiziertes Buch. Nachdem es sich dort aber als unerwarteter Verkaufsschlager herausstellte, wurde der Titel von Verlagen aufgegriffen und in diverse Sprachen übersetzt, unter anderem in Dänisch, Norwegisch, Polnisch und natürlich Deutsch.
Daher war ich sehr gespannt auf das Buch, und meine Erwartungen waren hoch! Intelligente Hochspannung sollte es sein, packende Entwicklungen und interessante, lebendige Charaktere. Wurden diese Erwartungen erfüllt? Die kurze Antwort ist: jein.
Die lange Antwort:
Die Grundidee der Geschichte ist durchaus spannend und originell. Es geht um Menschenhandel - und um Kinder, die sozusagen als Abfallprodukt dieses Handels durch das soziale Netz fallen. Niemand vermisst sie, sie existieren offiziell nicht einmal, und deswegen sind sie leichte Beute für einen Ring skrupelloser Krimineller, die ihre ganz eigenen Pläne mit den Kindern haben.
Die Handlung an sich hat mir sehr gut gefallen. Sie hat viele interessante Wendungen und unverbrauchte Ideen zu bieten. An sich sehr gut. An sich sehr spannend. An sich sehr originell.
Leider konnte mich all das nicht wirklich erreichen, da ich immer eine gewisse Distanz zum Geschehen spürte, und das lag vor allem an den Charakteren. Ich hatte große Schwierigkeiten, einen Bezug zu ihnen zu entwickeln!
Ich lese gerne über schwierige, sperrige Charakter, und ich habe auch nichts gegen solche, die moralisch fragwürdige Entscheidungen treffen. Aber ich brauche wenigstens einen Charakter, der mir ans Herz wächst und mit dem ich mich bis zu einem gewissen Grad identifizieren kann, und das hat mir hier gefehlt.
Im Mittelpunkt der Geschehnisse steht die Staatsanwältin Jana, die als Kind selber Schreckliches erlebt hat. Danach wurde sie in die Obhut von emotional distanzierten Adoptiveltern gegeben, die eigentlich nur ein perfektes Vorzeigekind wollten und ihr daher weder Trost noch Halt gaben, und das hat sie emotionslos, abgebrüht und erschreckend skrupellos gemacht. Sie hat sich antrainiert, nach außen halbwegs normal zu wirken, hat aber nur wenig Interesse an zwischenmenschlicher Interaktion, geschweige denn echten Freundschaften.
Es macht durchaus Sinn, dass ihre Hintergrundgeschichte sie zum emotionalen Krüppel gemacht hat, aber das macht es mir eben sehr schwer, in ihre Geschichte wirklich einzutauchen.
Auch die beiden ermittelnden Kommissare Henrik und Mia konnten mich nicht wirklich berühren. Henrik war mir vage sympathisch, wirkte auf mich aber sehr blass und wird mir wahrscheinlich nicht lange in Erinnerung bleiben.
Und Mia war mir tatsächlich unglaublich unsympathisch. Sie hat einen Hass auf alle Menschen, die es scheinbar besser im Leben haben als sie, und urteilt schnell auf Basis von ignoranten Vorurteilen. Oft wirkte sie auf mich wie ein bockiges, neidisches Kind. Sie stürzt sich in Schulden, um sich das neuste Spielzeug zu kaufen, wie z.B. einen riesigen Flachbildfernseher. Ständig, auch vor Arbeitstagen, macht sie maßlos Party, besäuft sich und hat schon am dritten Tag des Monats kein Geld mehr für Lebensmittel, weswegen sie schnorrt, lügt und klaut. Darüber hinaus trägt sie nichts Wichtiges zur Ermittlung bei. Sie ist unmotiviert, faul und unverschämt.
Die Bösen sind mir oft zu einseitig und übertrieben böse. Es reicht nicht, dass jemand Menschenhandel betreibt, er muss auch noch seine Katzen lebendig in die Gefriertruhe stecken...?
Der Schreibstil ist sicher nicht schlecht, aber sehr karg, mit meist kurzen Sätzen. Besonders die Dialoge sind oft abgehackt und eher nüchtern. Das ist zwar durchaus realistisch, denn Menschen sprechen nun mal im echten Leben nicht druckreif und literarisch wertvoll, aber es wirkte auf mich sehr blutarm. Gerade in hochdramatischen Szenen zieht der Schreibstil selten mit dem eigentlich nach emotionaler Wucht schreienden Inhalt mit!
Das Ende hat mich nicht komplett zufrieden gestellt. Auf einmal geht alles sehr schnell, und vieles bleibt offen und ungeklärt.
Jana hat viel riskiert und viel Schuld auf sich geladen, und für was? Mir fehlte eine Weiterentwicklung der Charaktere, ich hatte nicht das Gefühl, dass sie am Ende der Geschichte etwas gelernt hatten oder emotional gereift waren. Und diese Reises, dieses Wachstum, das ist es, was eine Geschichte für mich wirklich packend macht.
Fazit:
Drogen. Menschenhandel. Kinder, die zu Mördern werden... Die Geschichte an sich ist hochspannend und originell, aber mir fiel es schwer, wirklich mitzufiebern, da ich mit den Charakteren einfach nicht warm werden konnte. Auch der Schreibstil wirkte auf mich ziemlich unterkühlt und konnte mich nicht in die Geschehnisse hineinziehen. Im Ganzen war "Nebelkind" für mich immer noch ein interessantes Buch, aber keines, das mich begeistern konnte.
Die junge Staatsanwältin Jana Berzelius wird zu einem Mordfall hinzugezogen, bei dem der mögliche Täter ein Kind ist.
Der Schreibstil ist solide, die Dialoge halte ich für authentisch. Bei den Beschreibungen der Begebenheiten neigt die Autorin zu Detailverliebtheit. Es ist z.B. unwichtig ob Jana auf der Kante ihres Boxspringbettes der Marke Hästens nachdenkt. Es ist auch unbedeutend ob der Zeuge einen Kaffee mit Milch und Zucker will und ob sich der Kriminalkommissar die Zähne mit Zahnpasta, Zahnseide und die vorgeschriebene Menge Mundwasser in 15 Minuten putzt. Das trägt weder zur Spannung noch zur Charakterisierung der Protagonisten bei.
Die Ermittler sind differenziert charakterisiert und durchaus nicht immer liebenswürdig. Die Täter, Tatverdächtigen und Zeugen bleiben blass bis nebulös. Die Staatsanwältin ist effizient und emotionslos, dabei könnte gerade Sie im Laufe der Ermittlungen zumindest beim Leser Empathie entwickeln. Unverständlich war mir die Gefühlskälte von Janas Eltern. Da hätte ich gern mehr erfahren. Das kommt möglicherweise in den folgenden Bänden.
Neben der Mordermittlung geht es auch um Menschen- und Drogenschmuggel, Machtausnutzung und die missbräuchliche Erziehung von Kindern zu Tötungsmaschinen. Diese Fälle werden u.a. in traumatischen Erinnerungen geschildert. Diese Erinnerungen sind kursiv geschrieben und haben mir eigentlich am besten gefallen. Ansonsten werden Ermittlungsabschnitte und das weitere Vorgehen wiederholt dargestellt und immer wenn ich dachte jetzt kommt Spannung in die Geschichte, wurde der Fortgang der Story durch triviale Begebenheiten unterbrochen.
Die Ermittlungen werden durch unterschiedliche Aktionen abgeschlossen, dabei bleiben aber die Motive der Täter vollständig im Nebel.
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